Zehn Argumente zum Verkehr am Dreisamufer*


1. Die schon früh, Ende der 1950er Jahre gefallene Entscheidung, die Ortsdurchfahrt der B31 in Freiburg als faktische Schwarzwaldautobahn für den Ost-West-Transitverkehr zu öffnen, war der Sündenfall in der Freiburger Verkehrspolitik. Die B31 ist und bleibt eine Straße gegen Freiburg.

2. Mit dem weiteren Ausbau der B31-Ost (z.B. zweispuriger Ausbau der Gauchachtalbrücke bei Döggingen, Vollanschluss für die LKW-Tank- und Rastanlage bei Rötenbach) und dem Weiterbau der B31-West (von Gottenheim nach Breisach mit Anschluss an das französische Autobahnnetz) wird diese Politik gegen Freiburg und gegen die ganze Region fortgesetzt.

3. Nicht nur die tägliche Erfahrung vieler tausend Menschen links und rechts der B31, sondern auch die amtliche Verkehrsstatistik belegt in den letzten Jahren eine massive Zunahme des Schwerverkehrs, vor allem der Sattelzüge und der Lieferwagen bis 3,5 t bei relativ geringer Zunahme des PKW Verkehrs auf allerdings sehr hohem Niveau. Die Ortsdurchfahrt der B31 in Freiburg hatte 2015 über die Hälfte mehr an LKW zu verkraften als das Stuttgarter Neckartor; den Osttunnel querten 2018 genauso viele PKW, wie den Grenzübergang Weil-Basel an der A5 aber fast 20% mehr LKW.

4. Die durch den Straßenverschleiß verursachten Kosten werden fast ausschließlich durch den schweren Transportverkehr verursacht. Die Unterhaltskosten für Bundesstraßen müssen aber in Freiburg mit einem Betrag von durchschnittlich über 1,1 Mio. Euro in den zehn Jahren 2009 bis 2018 und jeweils deutlich über 1,4 Mio. Euro in den Jahren 2017 und 2018 aus städtischen Mittel getragen werden.

5. Die Freiburger Verwaltungsspitze und das Regierungspräsidium prophezeiten seit Jahren einen baldigen Baubeginn und eine absehbare Fertigstellung des Stadttunnels. Noch 2014 haben Regierungspräsidentin Schäfer und Baubürgermeister Haag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz behauptet, dass sein Bau „in vier bis fünf Jahren starten“ könne, also 2018/2019. Die Freiburger wurden wegen geforderter Maßnahmen gegen die wachsenden Verkehrsströme mit der Behauptung vertröstet, der Tunnel werde die Probleme bald lösen. Jetzt muss das Regierungspräsidium einräumen, dass wenn alles gut geht und keine Klageverfahren das verhindern frühestens 2031 mit einem Baubeginn zu rechnen sein wird.

6. Gegenwärtig ist völlig offen, ob der Stadttunnel überhaupt gebaut werden kann und zwar unabhängig davon, ob man ihn wirklich bauen will. Die technischen Probleme vor allem rund um den Ganterknoten sind noch völlig ungelöst. Ob das Geld reicht, ihn tatsächlich zu bauen, ist fraglich. Niemand spricht darüber, wie sich die 325-Millionen-Kosten-Prognose aus dem Jahr 2014 bis heute entwickelt hat und was das Projekt tatsächlich bis zu seiner Fertigstellung kosten wird. Bereits sicher ist aber, dass die Haushaltmittel nicht reichen werden, alle Projekte aus dem „vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans 2030 zu finanzieren. Weil heute sicher ist, dass ein Planfeststellungsverfahren nicht vor 2023/2024 beginnen könnte, kann der Tunnel aber, wenn überhaupt, kaum vor 2040, eher 2045 oder später fertig sein.

7. Über ein tragfähiges Verkehrskonzept, das wenigstens mittelfristig zu einer Entlastung Freiburgs und der Region führen könnte, verfügt weder das Freiburger Rathaus noch der Basler Hof. Im Gegenteil: immer noch wird auf den weiteren Ausbau der Ost-West-Transitachse gesetzt und ansonsten das angeblich kommende Paradies eines Dreisamboulevard verkündet.

8. Die Einbeziehung der Bundesstraßen in die Erhebung der LKW-Maut hat keinerlei verkehrslenkende Wirkung. Die Mautkosten für den Transport einer Sprudelkiste von Donaueschingen nach Freiburg liegen unter einem Cent. Noch nicht einmal bei einem solchen „Billigprodukt“ spielen also Mautkosten bei der Gesamtkalkulation nicht die geringste Rolle.

9. Der Wechsel der Zuständigkeit für Planung, Genehmigung und Bau von Autobahnen vom Regierungspräsidium zum Bund dürfte für die Region eher negative Auswirkungen haben. Zuständig ist ab 1.1.2021 die nach der Rechtsform privatisierte „Die Autobahn GmbH“ mit Sitz in Berlin und das Bundesfernstraßenamt mit Sitz in Leipzig. Ob danach in Zukunft lokale und regionale Interessen angemessen berücksichtigt werden, erscheint eher fraglich.

10. Im Gegensatz zu Planung und Bau liegt für verkehrslenkende Maßnahmen an der B31 (Tempolimits, Durchfahrverbote, Fahrbeschränkungen, Überholverbote, Pförtnerampeln etc.) die rechtliche Zuständigkeit bei der Stadt und dem Regierungspräsidium, ohne dass dem Bund hier irgendwelche Weisungsrechte zustünden. Das eröffnet Raum mit entsprechenden Forderungen wenigstens einen kleinen Betrag zu einer aus vielen Gründen notwendigen Verkehrswende zu leisten. Das 900-Jahre-Freiburg-Jubiläum und die bevorstehende Landtagswahl 2021 sollte die Bereitschaft von Verwaltung und Politik befördern, zumindest aufmerksam zuzuhören.

* Dieser Text ist eine Zusammenfassung eines Vortrags und der Diskussion im Rahmen einer Veranstaltung des forum dreisamufer am 13. November 2019. Nähere Informationen, Belege und Nachweise in der Kategorie Aktuell.

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